Landesrettungskommandant Werner Meisinger über den Einsatz in Pakistan.
VN: Seit zwei Wochen sind Sie hier in Pakistan. Ist die Lage so, wie sie es sich in Vorarlberg vorgestellt hatten?
Meisinger: Nein, es ist wesentlich schlimmer. Insgeheim habe ich immer den Vergleich zu der zerstörten Stadt Bam im Iran herangezogen. Aber das, was wir hier sehen, übersteigt alle Vorstellungen. Das Ausmaß der Zerstörung ist gigantisch.
VN: Wie geht es den Menschen in der ausradierten Stadt Balakot?
Meisinger: Den Bewohnern hier geht es wirklich schlecht. Die schwerste Zeit kommt mit der Regenzeit und dem Winter aber erst auf sie zu. Die Leute haben kein Dach mehr über dem Kopf. Sie sind angewiesen auf die Hilfe aller Organisationen.
VN: Wie kommen Sie mit der Trinkwasseraufbereitung voran?
Meisinger: Es hat sehr massive Startschwierigkeiten gegeben. Wir mussten mit Bulldozern Trümmer wegräumen, um überhaupt Platz für unser Camp zu schaffen. Und hier einen Bulldozer zu bekommen, ist gar nicht so einfach. Wir erzeugen seit Sonntag 300.000 bis 500.000 Liter Trinkwasser täglich.
VN: Wie läuft derzeit ein typischer Tag für Sie ab?
Meisinger: Wir stehen frühmorgens auf, dann wird die Wasseraufbereitungsanlage
angeworfen. Wir kümmern uns auch um den Aufbau eines Leitungsnetzes, zudem hilft das Team beim Latrinenbau. Meine Aufgabe ist es, den Einsatz zu koordinieren. Wir sind ja drei Stunden vor mitteleuropäischer Zeit, es ist hier schon Abend und wir essen gleich.
VN: Was wartet auf dem Gaskocher auf Sie?
Meisinger: Mein schwedischer Kollege kocht hier gerade etwas Undefinierbares. Hauptsache, es ist essbar.
VN: Wie halten Sie Kontakt mit Ihrer Familie?
Meisinger: Ich melde mich bei meiner Familie in sporadischen Abständen über das Satellitentelefon. Da es jeden Tag einige Nachbeben gibt, ist es gut, regelmäßig ein Lebenszeichen zu geben. Sorgen brauchen sie sich aber nicht um mich zu machen. Mehr als eine Zeltstange kann uns hier nicht auf den Kopf fallen.
VN: Gibt es in all dem Elend auch Erlebnisse, die Ihnen Aufwind geben?
Meisinger: Die ganze Stadt ist ein Trümmerhaufen. Und mitten in all den Trümmern haben wir gestern eine freigeräumte Fläche von drei Quadratmetern entdeckt, auf der ein Friseurstuhl stand. Da hat ein Barbier begonnen, andere Überlebende zu rasieren. Das war für mich ein klares Zeichen, dass das Leben zurück in die Stadt kommt. Die Erde dreht sich weiter.
Quelle: Vorarlberger Nachrichten
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