24 Oktober 2005

HINTERGRUND: "Schlimmer als Tsunami"

Die Probleme bei der Erdbebenhilfe in Südasien stellen nach UN-Angaben die beim Tsunami in den Schatten. Besonders dramatisch für die Überlebenden in Pakistan: Zwei Wochen nach dem Beben mit Zehntausenden Toten fehlen Millionen Euro. Pakistans Präsident Pervez Musharraf kritisierte die internationale Hilfe am Wochenende als "völlig unzureichend". Ganz anders war das bei der Flut-Katastrophe am Indischen Ozean Weihnachten 2004.Musharraf rechnet damit, dass der Wiederaufbau fünf Milliarden US-Dollar kosten wird, vom Ausland zugesagt sind bislang 620 Millionen US-Dollar (517 Millionen Euro). Auch das UN-Welternährungsprogramm (WFP) schlägt Alarm. Nur 10 Prozent der erbetenen 56 Millionen US-Dollar seien bislang eingegangen - Geld, das für die Lebensmittelversorgung von fast einer Million Überlebende gebraucht wird. Die UN haben um insgesamt 312 Millionen US-Dollar gebeten. Bis zum Wochenende gingen 43 Millionen Dollar ein. UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die Internationale Gemeinschaft eindringlich zu mehr Unterstützung aufgerufen. Und er hat an die Hilfsbereitschaft beim Tsunami erinnert.Nach der Flut, die rund 220000 Menschen das Leben kostete, waren schnell Milliardenbeträge zusammengekommen. Zeitweise wussten Helfer etwa in Sri Lanka kaum noch, wohin mit den Geldern. Viele Spender hatten einst selber an den bei der Flut verwüsteten Traumstränden gelegen und Einheimische kennen gelernt, die nun um Hilfe baten. Über Medien ließen geschockte Urlauber Daheimgebliebene durch Erzählungen, Fotos und Videoaufnahmen hautnah am Unfassbaren teilhaben. Andere ausländische Urlauber hatten die Flut nicht überlebt.Doch Pakistan ist kein Urlaubsgebiet, im öffentlichen Bewusstsein des Westens wird das Land nicht mit Traumstränden und Kokospalmen, sondern mit Kaschmir-Konflikt und Anti-Terror-Kampf verbunden. Dabei braucht das neue Katastrophengebiet ebenso dringend Hilfe wie einst die vom Tsunami heimgesuchten Gegenden. Im pakistanischen Katastrophengebiet ist fast die gesamte Infrastruktur zerstört worden. Immer noch sind Überlebende von Hilfe abgeschnitten.Problematisch in Pakistan ist bei der Versorgung der Überlebenden auch das Wetter. Menschen, die das Beben überlebten, sterben nun an Kälte. Auch in den Tsunami-Gebieten waren Millionen obdachlos geworden - in den Tropen war das aber kein Todesurteil. "In Sri Lanka hängen Kokosnüsse am Baum, niemand muss verhungern oder erfrieren", sagt Christoph Ernesti von der Aktion Deutschland Hilft. "Das hier ist etwas völlig anderes."
Quelle: Frankfurther Rundschau

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