06 September 2010

Blaue Engel - Das THW in Deutschland

Die Faszination des Helfens

12.000 Liter Dreckwasser können zu reinem Trinkwasser werden, sobald die beiden Aufbereitungsanlagen aus Deutschland, die vorgestern nach Pakistan geflogen wurden, betriebsbereit sind.

Während ich diese Zeilen schreibe, kommt eine Meldung aus Osnabrück, wonach die dortige Feuerwehr vorsorglich 1000 Sandsäcke geordert hat, weil die Regenrückhaltebecken der Stadt nach den Dauerniederschlägen bis an die Oberkante gefüllt sind. Nördlich der Mittelgebirge drohen heftige Unwetter und Sturmböen.

Die Sandsäcke wurden geliefert und neue stehen bereit. Kein Problem für das Technische Hilfswerk, das darauf spezialisiert ist, Feuerwehr und Polizei in Katastrophenfällen zu unterstützen. In Osnabrück ebenso wie in Haiti oder Pakistan.

Der aus Leipzig stammende Bauingenieur und Pionierleutnant Otto Lummitzsch begründete 1919 die "Technische Nothilfe" (TN), die dem Innenminister unterstellt war. Nachdem die Siegermächte 1945 die TN aufgelöst hatten, beauftragte der damalige Bundesinnenminister Gustav Heinemann den inzwischen 64-jährigen Lummitzsch, einen zivilen Ordnungsdienst für die Bundesrepublik Deutschland aufzubauen – das "Technische Hilfswerk" (THW).

Im Rahmen der Wiederaufbauhilfe für Indonesien nach dem Tsunami 2004 hat das THW zwei umfangreiche Wasserversorgungsnetze auf der Insel Simeulue neu aufgebaut und in der Provinzhauptstadt Banda Aceh eine neu errichtete Schule an die Behörden übergeben. Mitarbeiter des THW hatten rund 20 Kilometer Wasserleitung verlegt und 20 öffentliche Wasserentnahmestellen eingerichtet. Hinzu kommen sechs öffentliche Sanitäranlagen und zwölf Wasserverteilungsstationen, sogenannte Wasser-Kioske. Dafür wurden mitten im Dschungel drei Quellen erschlossen. Um die Nachhaltigkeit des Projekts zu sichern, wurde in den Dörfern eine Hygiene-Kampagne durchgeführt.

Seit seiner Gründung war das deutsche Technische Hilfswerk (THW) außer im eigenen Land in mehr als 120 Ländern der Erde im Einsatz. Ob nach dem Erdbeben in Haiti, dem Wirbelsturm in Burma oder dem Hochwasser in Ostdeutschland: Das deutsche THW unterstützt Menschen in Not. Weltweit. Und das seit inzwischen 60 Jahren.

Fast eine halbe Million Stunden leisteten die THW-Mitarbeiter allein im vergangenen Jahr. Dabei sind 99 Prozent von ihnen ehrenamtliche Helfer. Nur rund 800 Hauptamtliche koordinieren den Einsatz der insgesamt 800.000 THW-ler. Ehrenamtlich suchen die "Blauen Engel" nach Verschütteten, versorgen Katastrophenopfer mit sauberem Trinkwasser oder pumpen vollgelaufene Keller leer.

Viele interessiert der Umgang mit der Technik, vom Notstromaggregat zum Trennschleifer, vom Wasseraufbereiter bis zu den Ortungsgeräten, die den Herzschlag eines Verschütteten aufspüren.

Ob Hochwasser, Ölschaden oder Lawinengefahr, das THW bündelt Kompetenz, Personal und Spezialtechnik in 13 Fachgruppen. Hauptsitz des THW ist Bonn. 668 Ortsverbände bilden eine flächendeckende Struktur. Ihnen stehen 727 "Technische Züge" zur Verfügung, die Basiseinheiten des THW. Das THW hat seine eigene Ausbildung und ein eigenes Extranet für interne Informationsübertragung. Ungefährlich ist der Einsatz nie. Erst vor kurzem waren im Sudan zwei THW-Helfer mehrere Wochen lang entführt worden.

"Ich finde es gut, wenn man der Gesellschaft etwas zurückgibt", sagt Martina Geigenmüller, eine von über 8000 Frauen im THW. "Es gibt ein gutes Gefühl, Menschen helfen zu können", beschreibt sie die Faszination des Helfens.

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