09 Juli 2010

Mehrwert

Gerade in den Schwellenländern sind Wasserversorgung und -aufbereitung sowie Wasserinfrastruktur noch unterentwickelt. Schmutziges Trinkwasser und ungeklärte Abwässer sind ein massives Infektionsrisiko. Allein in China haben 700 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, 190 Millionen Chinesen erkranken jährlich durch verschmutztes Trinkwasser, 60.000 sterben daran. Das berichtet das unabhängige SRI-Institut „Responsible Research“ mit Sitz in Singapur. Auch steigt der weltweite Wasserverbrauch stark an - exzessive Nutzung von Grund- und Oberflächenwasser sowie ineffizienter Verbrauch verschärfen die Probleme. Eine Lösung können nachhaltige Investments in diesem Sektor sein.

Dazu vier Fragen an Raphael Lüscher, Portfolio Manager bei UBS Global Asset Management

Frage: Sie sagen, dass Wasser in vielen Ländern der Welt zu billig ist. Warum?

Raphael Lüscher: In vielen Ländern wird Wasserverbrauch als ein Grundrecht gesehen, das am besten kostenlos zur Verfügung gestellt werden sollte. Um aber die massiven Infrastrukturprojekte im Wassersektor überhaupt finanzieren zu können, müssen in vielen Regionen auch die Wasserpreise entsprechend steigen. So beträgt beispielsweise in China, das mit gewaltigen Wasserproblemen zu kämpfen hat, der Wasserpreis nur ein Zehntel des weltweiten Durchschnitts. Investitionen in Wasserinfrastruktur sind jedoch sehr kapitalintensiv und Investoren geben nur Kapital, wenn sie sicher sein können, dass sich für sie die Anlage auch auszahlt. Gleichzeitig besteht die Herausforderung darin, die Preise so zu gestalten, dass ärmere Bevölkerungsgruppen in den Schwellenländern nicht vom Konsum ausgeschlossen werden.

Frage: Wo sehen Sie die größten Wachstumschancen im Wassersektor?

Lüscher: Wir erwarten das stärkste Wachstum in den drei Bereichen Klärwerke, Wasserwiederaufbereitung und Meerwasserentsalzungsanlagen. Bei allen Unzulänglichkeiten hat sich zwar in vielen Ländern die Versorgung mit sauberem Trinkwasser vor allem in den Städten massiv verbessert, zum Beispiel in Brasilien und auf den Philippinen, wo die Versorgung in Sao Paulo beziehungsweise Manila fast 100 Prozent der Einwohner erreicht. Allerdings herrscht nun großer Nachholbedarf in der Wasseraufbereitung für Haushalts- und speziell Industrieabwässer. Dort betragen die Deckungsquoten zum Teil weniger als 70 Prozent, wie beispielsweise in China. Doch gerade ungeklärtes Abwasser ist eine der Hauptursachen für verunreinigtes Wasser, das dann die
erzielten Erfolge bei der Trinkwassersauberkeit gefährdet. Ungeklärtes Abwasser hat aber auch unmittelba negative Folgen für die Wirtschaft: Viele Industrien benötigen sauberes Brauchwasser im Produktionsprozess. Fehlt es, schränkt es die Wachstumsaussichten von Unternehmen und Volkswirtschaften ein.

Frage: Auch wenn viele Schwellenländer in ihren Konjunkturpaketen einen Ausbau von Wasserinfrastruktur eingeplant haben – genügt das allein für den Aufbau einer ausreichenden Wasserversorgung?

Lüscher: In der Tat wurden im Zusammenhang mit der Krise verschiedene „Wasserinfrastrukturpakete“ geschnürt. So gehörte die koreanische Regierung zu den ersten, die Maßnahmen zur Wirtschaftsbelebung ankündigten. Im Mittelpunkt ihres „New Green Deal“ zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise stehen umweltfreundliche Investitionen. 36 Prozent der gesamten Ausgaben sollen für die Revitalisierung der vier größten Flüsse Koreas, die Verringerung der Schadstoffbelastung und die Behebung des chronischen
Wassermangels im Land eingesetzt werden. Grundsätzlich gehen wir aber davon aus, dass auch in Zukunft in vielen Schwellenländern in die Wasserinfrastruktur investiert wird und werden muss, unabhängig vom wirtschaftlichen Umfeld.

Frage: Worauf achten Sie als Portfolio Manager eines SRI-Fonds bei Investments in diesem Segment?

Lüscher: Im Vergleich zu entwickelten Ländern wird in den Schwellenländern in Bezug auf die Wasserversorgung bisher nur ein geringer Teil der Bevölkerung durch die Privatwirtschaft versorgt. Wir gehen davon aus, dass in diesen Ländern die Privatisierung vorangetrieben wird und sich so interessante Investitionsmöglichkeiten ergeben. Als Investor mit Nachhaltigkeitsperspektive achten wir beispielsweise darauf, dass bei Privatisierungen, an denen wir uns beteiligen wollen, sichergestellt wird, dass auch die ärmere Bevölkerungsschicht zu einem angemessenen Preis Zugang zu Wasser bekommt. Ein Beispiel für eine gelungene Privatisierung ist Manila Water auf den Philippinen. Beim Wasser-Investment haben wir keine thematische Präferenz, aber ausgehend vom Wasserkonsum – 70 Prozent Landwirtschaft, 20 Prozent Industrie und 10 Prozent Haushalt – sehen wir in der Wassereffizienz, Wasserinfrastruktur und Wasseraufbereitung viel Potenzial.

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