20 Februar 2008

Flucht nach Kamerun

30.000 Menschen im Durchgangslager

Seit dem Ausbruch des militärpolitischen Konflikts in der tschadischen Hauptstadt N'Djamena Anfang Februar haben sich vor allem Frauen und Kinder in der nordkamerunischen Grenzstadt Kousseri in Sicherheit gebracht. Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) spricht von mehr als 30.000 Menschen, die derzeit in einem Durchgangslager jenseits des N'Guéli-Flusses betreut werden.



"Die Schwächsten haben in diesem Konflikt die größte Last zu tragen", sagte Sophie de Caen, UN-Koordinatorin in Kamerun. Nach ihren Angaben sind bis zu 75 Prozent der Flüchtlinge, die sich in Kousseri gemeldet haben, Frauen und Kinder.

Allein in der zweiten Märzwoche registrierte das Weltkinderhilfswerk UNICEF 58 Waisenkinder, die derzeit von einem Verband betreut und den Vereinten Nationen mit Nahrungsmitteln versorgt werden. Sie sind getrennt von den anderen Flüchtlingen untergebracht und erhalten psychologischen Beistand. Später sollen sie auch zur Schule gehen können.

Von N'Djamena über die Brücke nach Kousseri

Bei den Kämpfen zwischen der Armee und Aufständischen der aus drei Rebellenorganisationen bestehenden 'Union des forces de la résistance' (UFR) kamen in N'Djamena nach UN-Angaben mindestens 160 Zivilisten ums Leben.

Kousseri ist schwimmend oder zu Fuß und mit Kraftfahrzeugen von N'Djamena aus über eine Brücke zu erreichen, die über den N'Guéli führt. Die Stadt erwies sich als idealer Zufluchtsort für Menschen, die aus dem umkämpften N'Djamena fliehen wollten.

Auf der anderen Seite des Flusses werden die Flüchtlinge zunächst provisorisch in der Lehrerbildungsanstalt im grenznahe Stadtteil Madana aufgenommen. Dann werden sie nach Angaben des UNHCR-Vertreters in Kamerun, Jacques Franquin, ins 32 Kilometer entfernte Flüchtlingslager Maltam überstellt. Die Umsiedlung hat vor wenigen Tagen begonnen. Mehr als 10.000 Menschen sollen dort Platz in 4.000 bis 5.000 Zelten finden.

"Versorgungsprobleme haben wir nicht", berichtete Franquin. Er wies darauf hin, dass Tschad-Flüchtlinge, die in Kamerun unter freiem Himmel kampieren, an Atemproblemen leiden. Sie bekommen seit zwei Wochen den Harmattan zu spüren, einen aus der Sahara kommenden kalten, kräftigen Landwind, der während der Trockenzeit von November bis Februar Staub- und Sandwolken vor sich her treibt.

UN und NGOs versorgen und betreuen Flüchtlingskinder

Dem in Kamerun für UNICEF arbeitenden Arzt Clément Djuimo zufolge wurden bislang 2.234 Kleinkinder gegen Polio und 4.503 Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und 15 Jahren gegen Masern geimpft. Die Flüchtlingskinder, die er behandelt hat, sind traumatisiert oder leiden an Durchfallkrankheiten, Sumpffieber und Hautverletzungen. 2.234 Kleinkinder wurden mit Vitamin A versorgt. Hygienische und sanitäre Maßnahmen sollen den Ausbruch von Seuchen und die Verbreitung von sexuell übertragbaren Krankheiten verhindern.

13 Nichtregierungsorganisationen (NGOs) beteiligen sich an der Versorgung der Flüchtlinge, so
Maurizio Giuliano, der Pressesprecher des Büros der UN-Koordinierungsstelle für humanitäre Hilfe (OCHA) in N'Djamena, bei einem Treffen in Jaunde.

Zudem leisten weitere zivile Organisationen wie das Rote Kreuz und Ärzte ohne Grenzen im Distriktskrankenhaus von Kousseri medizinische und technische Hilfe. Nach Angaben von Damien Laporte, Sprecher des französischen Hilfswerks 'Première Urgence', hat seine Organisation für die Tschad-Flüchtlinge in Kousseri Notunterkünfte gebaut und sie mit großen stabilen Schlafmatten versorgt.

Kameruns Behörden sehen in dem Flüchtlingsstrom aus dem Tschad, der sich nicht allein auf Kousseri im äußersten Norden beschränkt, ein Sicherheitsrisiko. Nicht alle leben in Flüchtlingslagern. Auch in Maroua, der Hauptstadt der Provinz Extrême Nord, und selbst in Jaunde sind Tschadflüchtlinge untergekommen. Berichten zufolge haben tschadische Armeeangehörige Flüchtlinge über die Grenze hinweg verfolgt. Manche tarnen sich in Kousseri als Einheimische.

Entschlossen, jeden Ausbruch von Gewalt in den Flüchtlingslagern zu verhindern, haben die verantwortlichen UN-Mitarbeiter bereits mehrfach mit Vertretern der Kameruner Behörden über weitere Vorbeugemaßnahmen beraten.
Situatin Report: reliefweb.int

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo,

seit einiger Zeit lese ich euren Blog. Vielen Dank dafür, dass Ihr über Konflikte berichtet, die im alltäglichen Mediengedröhne untergehen.!