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Erste Indizien
Es gibt erste Indizien, dass Spenden der Wohltäter über dunkle Kanäle auch an Terrorzellen flossen. Deshalb untersuchen gut geschulte Buchhalter, wie die im Londoner East End eingetragene Organisation ihre Gelder verteilt. Das Ergebnis der Ermittlung sei natürlich offen, betont man bei der British Charity Commission, einem Gremium, dessen Aufgabe es ist, rund 190.000 Hilfswerke zu prüfen. Jedoch nehme man sie "sehr ernst", die Vermutungen, nach denen Crescent Relief missbraucht wurde, um Anschläge auf Flugzeuge auf dem Weg von England nach Amerika zu finanzieren.
Die Schlüsselfigur, um die sich vieles zu drehen scheint, ist Abdul Rauf, ein Bäckermeister Mitte fünfzig. Rauf hatte die Halbmond-Hilfe in London mitgegründet und sie im Juli 2001 registrieren lassen. Ihre Nagelprobe bestand die Truppe im vergangenen Herbst, als sie nach einem verheerenden Erdbeben Nothilfe in den Norden Pakistans schickte: Decken, Zelte, Wellblechdächer, Arznei.
Wie laut die Moscheen der Insel damals die Werbetrommel rührten, wie kurz entschlossen junge Männer mit der nächsten Maschine nach Südasien flogen, nötigte den Briten Respekt ab. Binnen kürzester Zeit kamen 50 Millionen Euro zusammen, das Gros nach Spendenaufrufen in islamischen Gotteshäusern.
Besonders aktiv war man in High Wycombe, einer Kleinstadt in den Hügeln westlich von London, und dort wiederum erntete ein Autohändler namens Shezad Khuram Ali viel Lob. Bis spät in die Nacht half der junge Mann, Zelte in Container zu packen, um sie schnellstmöglich zum Flughafen zu bringen. Seit dem 10. August wird Khuram Ali von Scotland Yard verhört. Er ist einer der 23 jungen Muslime, die verhaftet wurden, weil die Terrorabwehr sie als potenzielle Attentäter identifizierte.
Keine Übereifrigkeit
In Pakistan kam wiederum Raschid Rauf hinter Gitter, ein Sohn des Bäckers Abdul Rauf. Er gilt als möglicher Drahtzieher des Luftfahrtkomplotts, was er selbst freilich bestreitet – ebenso energisch, wie Crescent Relief dementiert, sich in Netzen des Fanatismus verheddert zu haben.
Kenner der Branche neigen indes dazu, Verdachtsmomente britischer Caritas-Prüfer nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Von den mehreren tausend Beschwerden, die im vorigen Jahr bei der Charity Commission eingingen, hat sie nur 60 näher unter die Lupe genommen. "Übereifrig schreitet dort niemand zur Tat", kommentiert die Times, es müsse schon was Handfestes an einem Vorwurf sein.
Im Duell mit fanatischen Geistlichen hat die Kommission schon einmal für Aufsehen gesorgt. Nach langem Abwarten wollte sie nicht länger mit ansehen, wie sich der Prediger Abu Hamza al-Masri hinter der Fassade des Samariters versteckte, um zur Gewalt anzustacheln. Der Ägypter, der in einer Moschee am Londoner Finsbury Park den Hass auf "Ungläubige" säte, hatte seine religiöse Stiftung als karitative Einrichtung verbrämt. In den Neunzigern ließ man ihn gewähren, erst 2002 verlor der Veteran des Afghanistankriegs seinen Wohltätigkeitsstatus.
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