16 Juni 2006

Humanitäre Hilfe der Militärs ist inakzeptabel

Generalsekretär des Roten Kreuzes sieht tödliche Gefahren für Rotkreuz-Helfer

Wien (Rotes Kreuz) - Seit dem Erscheinen des EU-Berichts "Für eine Europäische Katastrophenschutztruppe - Europe Aid" ist die Diskussion um die humanitäre Hilfe durch Militärs voll entbrannt. Die europäischen Heere wollen im Zuge der "Civil Military Cooperation" (CIMIC) eine Rolle spielen.

"Den europäischen Armeen ist ihr ursprüngliches Betätigungsfeld abhanden gekommen. Um aber einen Leerlauf des Betriebs zu verhindern, sind sie nun auf der Suche nach einer neuen Beschäftigung. Es liegt also nahe, dass sie sich auf ein Terrain begeben, das in den Medien gut aussieht und wo sich die Betroffenen am wenigsten dagegen wehren können - bei der humanitären Hilfe", sagt Wolfgang Kopetzky, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes.

"Für mich steht aber fest: Wo immer sich Soldaten als Helfer für Kriegsopfer betätigen, wird es brandgefährlich - nämlich für die Kriegsopfer und für die zivilen Helfer. Besonders in Afghanistan und im Irak wurden immer wieder Rotkreuz-Helfer getötet, weil die Linie zwischen militärischen und humanitären Aktivitäten bis zur Unkenntlichkeit verwischt worden war. Diese bewusst hervorgerufene Situation ist für mich unerträglich", so der Generalsekretär.

Denn die Helfer haben nur dann eine Chance, wenn sie weder von den Konfliktparteien noch von der Bevölkerung als Einmischung oder Bedrohung angesehen werden. Hilfe kann niemals aufgezwungen werden - Überzeugungsarbeit ist das Stichwort. Nur so ist es überhaupt zu erklären, dass das Rote Kreuz schon seit 30 Jahren ununterbrochen in Afghanistan arbeiten kann. Oder seit 20 Jahren in der Region der großen Seen in Afrika tätig ist. Oder in 30 weiteren vergessenen Konfliktgebieten.

"Entgegen der allgemeinen Meinung ist es eben nicht egal, von wem die Hilfe kommt, Hauptsache, es kommt welche. Sonst kommt nicht nur für Kriegsopfer der "falschen Seite" keine, sondern bald für niemanden mehr, weil die Hilfsorganisationen gezwungen sind, sich aus Sicherheitsgründen zurückzuziehen. Ein Verwischen der Linie zwischen militärischer und humanitärer Aktion bedeutet ein Untergraben der Neutralität des Roten Kreuzes. Das ist für mich inakzeptabel! Hilfe im Krieg muss neutralen und unparteilichen humanitären Organisationen überlassen bleiben, denn es wird immer irgendwo Krieg sein", erklärt der Generalsekretär.
Quelle: ÖRK

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