Die Entwicklungspolitischen Filmtage in Linz widmen sich von 15.-20. Oktober 2010, mit dem größten Land Afrikas, dem SUDAN:
18:00 Uhr: Eröffnung im Moviemento Kino
18:30 Uhr: Eröffnungsfilm „Dar Fur – War for Water“ (OmdU)
Anschließend: Vortrag "Sudan nach der Wahl. Einheit oder Zerfall?" von Otmar Höll (Direktor oiip) mit Diskussion
21:00 Uhr: Ausklang im Gelben Krokodil mit Speisen aus dem Sudan
Die entwicklungspolitischen Filmtage finden seit 2004 in Linz statt und haben seither ein treues Stammpublikum erworben. „Es ist die Vielfalt, die den Unterschied macht, denn mit den Filmtagen versuchen wir bei unseren Gästen alle Sinne zu aktivieren“, gibt Organisator Martin STÖBICH Eiblick in die Grundidee der Veranstaltung. „Spiel- und Dokumentarfilme aus und über die Region, Podiumsdiskussionen, Gespräche, eine Fotoausstellung sowie Speisen aus der Region runden das sechstägige Programm ab. 2010 bringt aber auch Veränderungen: Erstmals werden Themenabende angeboten, die dem Ablauf der Filmtage einen Roten Faden verleihen.“
Im Programm 2010 sind 11 Filmbeiträge, darunter die preisgekrönten Dokus “Dar Fur – War for Water” und “Die Todesreiter von Darfur”. Zwei hochgelobte Dokus der Hollywoodstars George Clooney und Don Cheadle. Natürlich auch afrikanische Kinohighlights wie Gadalla Gubara’s “Tajouj“ und dessen Originalaufnahmen der Feierlichkeiten zur Unabhängigkeit des Sudan aus dem Jahr 1956. Als besonderer Gast gilt Universum-Filmemacher und Sudan-Kenner Erich PRÖLL. Er bereiste den Sudan über 20 Mal. "Da kann man sich auf so manche spannende Geschichte von aufreibenden Dreharbeiten, Gefängnisaufenthalten und zwischenmenschlichen Begegnungen freuen", freut sich auch Martin Stöbich. Pröll stellt während der Filmtage im Foyer des Moviemento auch eine kleine Fotoschau zur Verfügung.
Weitere Gäste sind Otmar HÖLL (Institutsleiter oiip), Ishraga Hamid MUSTAFA (Autorin, Kulturwissenschafterin) und der Leiter der Internationalen Hilfe des Roten Kreuzes Max SANTNER in Begleitung der Sudanexpertin Barbara BUSCH. Moderiert werden die Filmtage vom Forschungskoordinator des IEZ und Ö1-Moderator Andreas OBRECHT.
Neben dem abwechslungsreichen Programm werden während der Filmtage im “Gelben Krokodil” kulinarische Köstlichkeiten aus dem Sudan angeboten.
Sudan ist das größte Land Afrikas, aber auch ein Spiegelbild des gesamten Kontinents. Geographisch wechseln sich Wüstengebiete in der Sahelzone, Gras- und Dornbuschsavannen, Sumpfgebiete und tropischer Regenwald ab. Ethnologisch beheimatet der Sudan arabische wie schwarzafrikanische Stämme. Diese ethnischen Gruppen sind in 500 Untergruppen unterteilt und sprechen an die 100 unterschiedlichen Sprachen.
Historisch war das Land schon in der Pharaonenzeit für seine Bodenschätze wie Gold bekannt, aber auch als Sklavenlieferant. Diese regionale Bedeutung hielt sich bis in die jüngste Vergangenheit und hat verschiedene Völker wie die Türken, Ägypter und Briten angezogen und innerhalb des inhomogenen Gebietes Differenzen und Ausbeutung geschürt. In der Zeit des Britisch-Ägyptischen Kondominiums war der Sudan in zwei Teile gespalten. Während Ägypten und Großbritannien den arabisch geprägten Norden gemeinsam verwalteten, entstand im Süden eine rein britische Kolonialverwaltung. Diese Trennung angesichts unklarer ethnischer, religiöser und sprachlicher Grenzen sollte in den Jahren nach der Unabhängigkeit 1956 das Zusammenwachsen eines sudanesischen Gesamtstaates nachhaltig behindern und Instabilität verschärfen. Es folgten Revolten, Militärcoups und ein über 30 Jahre dauernder Bürgerkrieg zwischen dem Norden und Süden - sehr zum Leidwesen einer einheitlichen Nationsbildung und der Herausbildung einer
staatlichen Identität. Regierungsmodelle wechselten wie deren achtinhaber. Demokratische Ansätze, die von Militärs geputscht wurden, wurden seit 1971 durch sozialistische und panarabische Reformen abgelöst, die eine Einheitspartei einführten. 1981 erfolgte eine Hinwendung zu einer islamistischen Regierung, welche 1983 mit der Einführung der Scharia für das gesamte Land - also auch des damals unabhängigen Südsudan - bedeutend zum Wiederaufflackern des Bürgerkriegs mit dem Süden beitrug.
Drei Jahrzehnte lang wurde der Sudan von Bürgerkrieg erschüttert, der zwar an die zwei Millionen Tote, vier Millionen Binnenflüchtlinge und 500.000 Flüchtlinge in Nachbarstaaten forderte, an dem aber die Weltöffentlichkeit wenig Anteil nahm, da das Land nicht in den Ost-West-Konflikt hineingezogen wurde. Ethnizität und Religion spielten sicherlich eine Rolle in diesem Bürgerkrieg, doch trifft die Aussage, dass die arabischen Muslime im Nordsudan die nach Unabhängigkeit strebenden schwarzafrikanischen Christen im Südsudan unterdrückten und marginalisierten nicht ganz den Kern der Sache. Zentrale Motive für die bewaffneten Konflikte sind die von oben verordnete Identitätsstiftung in einem inhomogenen Staat, der Machtkampf konkurrierender Eliten, die lang in die Geschichte zurückreichende Marginalisierung peripherer Regionen und insbesondere materielle Interessen, im speziellen der Kampf um die Ressourcen Land, Wasser und Erdöl. Die Konfliktlinien sind anhand Religion, Ethnizität, politische, wirtschaftliche und soziale Marginalisierung zu ziehen, wobei der Sudan auch eine Tradition friedlicher Koexistenz und diesbezüglicher Mediationsinstrumente kennt. Eine Politisierung ethnischer, religiöser und sozialer Ressentiments wurde von interessierten Kreisen zur Durchsetzung politischer und ökonomischer
Ziele benutzt.
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