Dietmar Gabrovec war nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti mit einem internationalen Team aus Rotkreuz-Helfern an Ort und Stelle im Hilfseinsatz. Der 46-Jährige berichtet von seinen Erfahrungen.
Seit einigen Wochen ist Dietmar Gabrovec aus Weiz von seinem Hilfseinsatz zurück. Fünf Wochen lang war er für das Rote Kreuz in Haiti, um dort Aufbauarbeit zu leisten. "Ich habe oft das Gefühl gehabt, dass die Not kein Ende nimmt." Und er erzählt: "Es gibt unzählige Camps. Diese sind mit Nomadendörfern vergleichbar." Auf den freien Flächen hätten sich die Menschen mit einfachsten Mitteln - Bohnenstangen, Tüchern und Fetzen - einfachste Notunterkünfte zusammengezimmert und dort auf nacktem Boden geschlafen.
Gabrovec selbst war vor allem für die Hygiene zuständig und damit für das Errichten von Latrinen und das Versorgen der Menschen mit Hygieneartikeln, um so Epidemien zu verhindern. "Bei den Latrinen ist es wichtig, dass sie nicht zu tief ausgehoben werden und so das Grundwasser kontaminieren", weiß der 46-Jährige. Auch die Windrichtung sei zu beachten.
Zu Spaten und Schaufel gegriffen haben aber nicht nur die Mitarbeiter der Hilfsorganisationen, sondern auch die Betroffenen selbst. "So werden sie ein wenig von der schrecklichen Situation abgelenkt und haben das Gefühl gemeinsam etwas zu schaffen." Außerdem könnte so technisches Know-how auch an die Einwohner weitergegeben werden. "Wir haben uns mit Händen, Füßen oder über Pläne unterhalten", lächelt er. Zwar hätte das Rote Kreuz eine Dolmetscherin zur Verfügung gestellt. Da viele Haitianer aber nur Kreol und nicht Französisch sprechen, sei eine Kommunikation über die Sprache teils unmöglich gewesen.
Schwierige Hilfe
Auch das Thema Zeit wäre vielfach diskutiert worden: "Viele Haitianer haben das Gefühl gehabt, dass die Hilfe zu langsam anläuft." An Ort und Stelle hätte Gabrovec dann aber selbst gesehen, wie groß das Ausmaß der Katastrophe ist und wie schwierig die Verteilung von Hilfsgütern. Die Nutzung des Flughafens von Port-au-Prince als Drehscheibe wäre etwa nur bedingt möglich gewesen, da man auf solche Mengen nicht eingestellt war. "Das Rote Kreuz schickte in Folge Logistiker nach Haiti, die Lager aufgebaut und Hilfsgüter auf die einzelnen Camps aufgeteilt haben."
Orientiert hat sich der Rotkreuz-Mitarbeiter in erster Linie über Karten, die die kanadische Armee zur Verfügung stellte, und über GPS. "Ohne Navigationssystem hätten wir uns viel schwerer getan", meint er. Fast neun Stunden täglich war der Weizer in einem Geländewagen auf Achse, um einzelne Camps zu besuchen, sich einen Eindruck der Lage zu verschaffen und auch um immer wieder selbst mit anzupacken. Zurück im eigenen Quartier ging es vor allem um die Koordination mit anderen Hilfsorganisationen und Verwaltungsarbeiten. "Man muss schauen, dass man sich nicht gegenseitig im Weg steht, dabei aber kein Camp vergisst."
Bei der Ausgabe von Hilfsgütern wurde ein Voucher-System installiert, bei dem die Haitianer gegen Vorlage dieser Gutscheine Lebensmittel und Hygieneartikel kriegen. "So stellt man sicher, dass alle gleich viel bekommen", erklärt Gabrovec. Die meisten Lebensmittel - finanziert durch Spendengelder - wurden übrigens aus ökologischen und ökonomischen Gründen in der Dominikanischen Republik, dem Ostteil der Insel, eingekauft.
Das Rote Kreuz Österreich hat Haiti mittlerweile zum Langzeitprojekt gemacht und will auch beim Wiederaufbau mithelfen.
Für sich selbst zieht Gabrovec eine positive Bilanz: "Der Einsatz hat so viel in mir bewegt. Vieles in meinem Leben kann ich nun besser schätzen."
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